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"Aktiver Schallschutz" Flughafen Frankfurt: Aktuelles Maßnahmenprogramm

In diesen Tagen wurde das Maßnahmenprogramm „Aktiver Schallschutz“ des Expertengremiums des Forums Flughafen und Region vorgestellt. Das Expertengremium versteht den aktiven Schallschutz als Aufgabe, die neuen technischen Möglichkeiten frühzeitg zu berücksichtigen und nutzbar zu machen, um die Lärmbelästigung in der Umgebung des Frankfurter Flughafens zu senken. Das Maßnahmenprogramm stellt die künftige Arbeit auf drei Säulen: Die Einführung neuer Maßnahmen, die kurz- bis langfristig die Lärmbelastung senken (kurz- und mittelfristig umsetzbare Maßnahmen), die Erforschung und Entwicklung von Maßnahmen, die in einigen Jahren zum Schallschutz beitragen können (perspektivische Maßnahmen) sowie die Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen und die Schaffung von Anreizen für die Einführung aktiver Schallschutzmaßnahmen (Rahmenbedingungen und Anreize).

Insgesamt besteht das Maßnahmenprogramm aus 17 Vorschlägen, die sich auf die oben genannten Säulen verteilen. Thematisch lassen sie sich nach der Art und Weise der Verringerung der Lärmbelastung ordnen: Erhöhung des Abstands zur Lärmquelle (höheres Überfliegen der Gebiete), Umfliegen der Siedlungszentren (Verlegung von An- und Abflugrouten), Verbesserung der Spurtreue, Technologische Lärmminderung (Minimierung der Geräusche am Flugzeug) sowie die Rahmenbedingungen (Vorhaben, die durch Gestaltung und Änderung der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen indirekt eine Verringerung von Fluglärm fördern).

Die Stadt Heusenstamm wird durch die vorgestellten Maßnahmen unmittelbar betroffen. Bürgermeister Halil Öztas kritisiert das Maßnahmenprogramm scharf: „Die Maßnahmen sind keine Lärm- oder Schallschutzmaßnahmen, wie sie behaupten werden, sondern eine Zumutung. Sie sind nicht durchdacht. Entgegen der großen Ankündigungen haben die Maßnahmen keinen echten Lärmschutz zum Ziel, sondern Lärm wird unter dem Deckmantel des ‚aktiven Schallschutzes‘ bloß verlagert. Ruhe und Lärmschutz bringen die Maßnahmen weder für die hochbelasteten Kommunen, noch für die jetzt nach den Maßnahmen zusätzlich Belasteten. Die behaupteten Schallschutzmaßnahmen entpuppen sich beim genauen Hinsehen als bloße Verlagerung von Streckenführungen. Dabei werden in der Vergangenheit abgelehnte Maßnahmen, wie der Segmentend Approach, unter neuem Gewand wieder aufgetischt.“ Diese Kritik wurde mehrheitlich in der letzten Sitzung der Fluglärmkommission geteilt, so dass die Kommission die Maßnahmen lediglich zur Kenntnis nahm und kein positives Votum abgab.

Zwei Maßnahmen, die das Stadtgebiet Heusenstamm betreffen sind die Durchführung des so genannten „Segmented Approach“, die „Erhöhung der Spurtreue 07-Süd lang“ und die „Entlastung 07-Nord“. Der Segmented Approach ist das Anflugverfahren, bei dem die Flugzeuge im Endanflug dicht besiedelte Regionen umfliegen, also einem durch Kurven segmentierten Anflug. „Allerdings“, so Bürgermeister Öztas, gibt es im dichten Ballungsraum Rhein-Main solche Gebiete nicht, weil der gesamte Raum dicht besiedelt ist“.

Grundsätzlich ist jede An- und Abflugstrecke rund um den Flughafen offiziell festgelegt. In der Praxis folgen Flugzeuge allerdings nicht exakt einer Linie, sondern bewegen sich in einem zulässigen Toleranzbereich. Wie groß die Abweichungen sind, hängt von der eingesetzten Technik der Flugzeuge sowie dem Flugverlauf ab. Insbesondere im Kurvenflug ist die Streuung relativ groß und so werden häufig Siedlungsgebiete überflogen. So auch auf der Abflugroute „07-Süd“, denn hier sind Flugzeuge vorwiegend unterwegs, wenn Ostwind weht und die Startbahn West nicht zur Verfügung steht. Laut des Expertengremiums werde diese Route insgesamt eher selten benutzt, aber wenn, dann würde hier häufig vom vorgegebenen Routenverlauf abgewichen. In diesem Fall komme es zu einer erhöhten Lärmbelastung in Teilen von Heusenstamm und Dietzenbach. Hier fliegen Piloten nach dem Start eine Kurve und „überschießen“ dabei häufig in Richtung Heusenstamm. Aktuell kommt das Expertengremium zu dem Ergebnis, dass aufgrund der verhältnismäßig geringen Anzahl von Abflügen auf der Route „07-Süd“ es zu keiner gravierenden Lärmverlagerung komme, und insofern für das Stadtgebiet Heusenstamm kein weiterer Handlungsbedarf (lokale Konsultation) bestünde. Diese Ansicht des Expertengremiums ist nach Ansicht von Bürgermeister Öztas ein Irrglaube. Alleine, wenn man die öffentlich zugänglichen Zahlenwerke zugrunde lege, sei diese Behauptung widerlegbar. „Das besagt schon viel über die Qualität des vorgelegten Maßnahmenprogramms und deshalb sind die Empfehlungen des Expertengremiums im Maßnahmenprogramm reine Willkür“, so Öztas.

Bei der Maßnahme „Entlastung 07-Nord (lang)“, diese ist die bei Ostwind viel genutzte Abflugstrecke, handelt es sich um die geplante Entlastung von Anwohnern unterhalb der Stecke in Frankfurt und Offenbach. In diesem Fall sollen bei Ostwind in Zukunft jeden Tag etwa fünf bis 20 schwere – und dadurch besonders laute – Flugzeuge der Abflugroute 07-Ost anstelle der Abflugroute 07-Nord folgen. Flüge auf der Abflugstrecke 07-Ost fliegen vom Flughafen aus zunächst weiter nach Osten über Heusenstamm und biegen erst wesentlich später in der Nähe von Schweinfurt nordöstlich ab.

Festzuhalten ist, so Bürgermeister Öztas, dass das vom Forum Flughafen und Region vorgestellte Maßnahmenprogramm überhaupt nichts mit Lärm- und Schallschutz zu tun hat. Vielmehr handelt es sich um ein Produkt, das den Namen „Aktiver Schallschutz“ nicht verdient. Es dient lediglich als Legitimationsgrundlage für die jahrelange Tätigkeit des Expertengremiums und ist eine Beschäftigungsgarantie für die am Programm Beteiligten. Lärmminderung wird mit diesem Programm nicht erreicht werden. „Solange sich Deutsche Flugsicherung (DFS), Fraport, Lufthansa und das Hessische Wirtschaftsministerium weigern, Flugverfahren aus Lärmschutzgründen umzusetzen und nicht bereit sind, Kapazitätsbeschränkungen zumindest zu erwägen, kann kein Maßnahmenpaket lärmmindernd wirken“, betont der Bürgermeister. „Das beabsichtigte konsultative Verfahren ist zumindest in der in der Fluglärmkommission vorgetragenen Form unbrauchbar. Es hat lediglich den Zweck, die Betroffenen von den angeblichen Vorteilen der Maßnahme zu überzeugen“.

Hintergrund „Aktiver Schallschutz“ am Flughafen Frankfurt:

Der intensive Verkehr der heutigen Zeit bringt auch einige unerwünschte Nebenwirkungen mit sich, so zum Beispiel den Verkehrslärm, unter dem vor allem Menschen in der Nähe wichtiger Verkehrsknotenpunkte, wie dem Flughafen Frankfurt, leiden. Der aktive Schallschutz ist eine von mehreren Strategien, um die Fluglärmbelastung im Frankfurter Raum so gering wie möglich zu halten. Verkehrslärmexperten unterscheiden zwischen aktivem und passivem Schallschutz. Der aktive Schallschutz setzt direkt bei der Lärmquelle an. Dazu gehört zum Beispiel das Bestreben, Flugzeuge leiser zu machen, An- und Abflugverfahren zu entwickeln oder Flugzeuge so umzuleiten, dass weniger Lärm bei den Anwohnern ankommt. Der passive Schallschutz bezieht sich mehr auf bauliche Veränderungen, wie zum Beispiel der Einbau von Dämmung oder Isolierfenstern.

1998 entscheid sich die Hessische Landesregierung, die zukünftige Entwicklung am Flughafen Frankfurt in einem ergebnisoffene Mediationsverfahren klären zu lassen. Seitdem werden die Entscheidungen zur Flughafenentwicklung in einem transparenten Prozess gemeinsam mit Vertretern der Beteiligten und Betroffenen vorbereitet. Dabei steht der aktive Schallschutz gleichgewichtig neben dem Ausbauvorhaben.

Im Juli 2010 stellte das Expertengremium das erste Maßnahmenpaket zum aktiven Schallschutz vor, und im Anschluss folgte der Praxistest. Im Sommer 2012 wurde Ergebnis des Monitorings vorgestellt. Heute sind alle sieben Maßnahmen des ersten Maßnahmenpakets bereits im Regelbetrieb.

 

(Quelle: „Bericht des Expertengremiums Aktiver Schallschutz. Das Maßnahmenprogramm Aktiver Schallschutz am Frankfurter Flughafen“, Forum Flughafen und Region/Gemeinnützige Umwelthaus GmbH, Dezember 2017)

 

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