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Aktueller Stand: Bürgermeister-Interview zum stockenden Glasfaserausbau
Der Glasfaserausbau in Heusenstamm ruht seit Monaten. Der Anbieter Teranet und dessen Mutterkonzern GVG-Glasfaser kündigen zwar schnelle Fortschritte an, bei der Stadtverwaltung meldet sich das Kieler Unternehmen jedoch seit Wochen nicht. Bürgermeister Steffen Ball (CDU) und Tiefbauleiter Thomas Möller sprechen über die Gründe der Verzögerungen, warum sie die GVG inzwischen als unverlässigen Partner sehen und wie der Ausbau doch noch gelingen soll.
Im Februar hat die Stadt beschlossen, der GVG-Marke Teranet den weiteren Glasfaserausbau in Rembrücken vorerst zu untersagen. Warum?
Steffen Ball: Weil es erhebliche Mängel bei den Bauarbeiten gab.
Welche?
Thomas Möller: Das hat damit begonnen, wie die von der GVG-Glasfaser beauftragte Fachfirma die Hauptstraße in Rembrücken wieder geschlossen hat. Die Platten waren beschmiert, das Fugenbild hat nicht mehr gepasst und der Mörtel ist ausgeblüht. Da hat man schon gesehen, dass sie es nicht können. An anderen Stellen wurden temporär Pflastersteine gelegt, die waren dann locker. Teilweise musste fünfmal nachgebessert werden. Das Fass zum Überlaufen gebracht, hat aber, dass die Leerrohre so mangelhaft verlegt wurden, dass die Glasfaser nicht durchgängig eingeblasen werden konnte.
Steffen Ball: Die Stadt hat extra ein Lastenheft erstellt, in dem unter anderem festgehalten wurde, wie die Straßen nach Ende der Arbeiten aussehen müssen. Das wurde nicht einmal eingehalten. Dazu kommt, dass die Baustellen mangelhaft abgesichert waren. Das ist verantwortungslos.
Hat die GVG die Arbeiten nicht selbst überwacht?
Thomas Möller: Doch. Sie haben einen externen Überwacher eingesetzt, er hat mit uns gut kooperiert, konnte auf die Fachfirma allerdings auch nur in geringem Maße einwirken.
Wieso entscheidet die Stadt nicht, welche Fachfirma die Tiefbauarbeiten übernimmt?
Steffen Ball: Die Stadt kann der GVG nicht vorschreiben, mit wem sie zusammenarbeitet. Wir mussten das vielen Bürgerinnen und Bürgern erst mal erklären, denn die haben uns schon gefragt, was wir uns da in die Stadt geholt haben. Die GVG hat allerdings inzwischen erkannt, dass der Ausbau mit der Fachfirma nicht umsetzbar ist und angekündigt, sie auszutauschen.
Die Stadt hat die Baustellen mehrfach kontrolliert. Wie sind die Kontrollen erfolgt und welche Kosten sind dadurch entstanden?
Thomas Möller: Ein Ingenieurbüro hat die Baustellen wöchentlich begutachtet und alles dokumentiert. Seit Beginn der Arbeiten im Dezember 2022 bis jetzt sind dabei Kosten von etwa 30000 Euro angefallen.
Die GVG hat am 22. August verkündet, dass sie 85 Millionen Euro frisches Kapital aufgenommen hat und angekündigt, den Ausbau wieder aufzunehmen. Gab es seitdem Kontakt mit dem Unternehmen?
Steffen Ball: Nein, wir haben davon auch nur über die Pressemitteilung und ein Interview erfahren. Der letzte Kontakt per E-Mail war am 16. August. Seitdem haben wir von ihnen kein Wort mehr gehört. Das ist einfach nicht mehr zu dulden. Es ist eine bodenlose Frechheit, wie die GVG mit Menschen umgeht, mit denen sie Verträge geschlossen hat. Nicht nur mit uns als Stadt, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Haben Sie an Schadensersatzforderungen gedacht?
Steffen Ball: Unsere Anwälte sehen da wenig Chancen auf Erfolg. Wir konzentrieren uns daher darauf, endlich die Glasfaser unter die Erde zu bringen.
Ist eine weitere Zusammenarbeit vorstellbar?
Steffen Ball: Uns erschließt sich nicht, wie die GVG mit so einer mangelhaften Performance eine Stadt wie Heusenstamm ausbauen will. Das ist eine Marketingfirma, aber sie haben keine Ahnung von Tiefbau.
Die Stadt hat also auf das falsche Unternehmen gesetzt?
Steffen Ball: Ja, das ist wohl so.
Hätte man das nicht vorher wissen müssen?
Steffen Ball: Die GVG baut auch in Norddeutschland aus - und da klappt es. Aber sie arbeiten dort auch mit anderen Bauunternehmen zusammen.
Wie geht es weiter?
Steffen Ball: Wir fordern die GVG weiter auf, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Wann es weiter geht, können wir aber nicht seriös beantworten. Es wäre von uns jedoch verantwortungslos, wenn wir uns nicht intensiv mit Alternativen beschäftigen würden.
Das Gespräch führte Joshua Bär.
(Text: Offenbach-Post, 24.09.2024, Foto: Regine Dinkelborg/Magistrat)
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