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Zum Volkstrauertag 2025

Rede von Bürgermeister Steffen Ball anlässlich des heutigen Volkstrauertages:

Liebe Claudia Rosenberg stellvertretend für den Vorstand und den Heusenstammer Ortsverband des VdK,
sehr geehrter Herr Diakon Oliver Schäfer,
Damen und Herren der Reservistenkameradschaft,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
verehrte Gäste,

wir haben uns heute versammelt, um innezuhalten – um zu erinnern, zu trauern und zu mahnen.

Am Volkstrauertag gedenken wir der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, der Gefallenen der beiden Weltkriege, der Zivilisten, die in Bombennächten starben, der Menschen, die wegen ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Überzeugung verfolgt und ermordet wurden.

Wir denken an die Millionen, deren Leben durch Feindschaft, Feindseligkeit und Gewalt ausgelöscht wurde – und an die, die bis heute unter den Folgen leiden.

Doch unser Denken und Gedenken gilt nicht nur der Vergangenheit. Wenn wir heute hier stehen, dann wissen wir: Der Friede, den wir so lange als selbstverständlich empfunden haben, ist höchst zerbrechlich.

Seit mehr als drei Jahren tobt in der Ukraine ein Krieg – genauer gesagt ein Angriffskrieg Russlands -, mitten in Europa. Menschen verlieren ihr Zuhause, Familien werden auseinandergerissen, Kinder wachsen im Lärm der Sirenen auf, die Infrastruktur wird jeden Tag systematisch und Stück für Stück zerstört.

Doch der Blick über Europa hinaus zeigt: Auch in anderen Teilen der Welt gerät die Menschlichkeit ins Wanken. Wir sehen, wie autoritäre Kräfte erstarken, wie Wahrheit zur Vehandlungsmasse wird und wie demokratische Werte vielerorts in Frage gestellt werden – selbst dort, wo sie einst als unerschütterlich galten. Wer Gerichte und freie Medien angreift, der versündigt sich an der Demokratie und verliert sein Status als Führungskraft der freien Welt.

Wir blicken (immer noch) mit Sorge in den Nahen Osten, wo die Gewalt zwischen dem Staat Israel und der Terrororganisation Hamas und ihren Anhängern unzählige Opfer - darunter eine ganze Generation traumatisierter Kinder - fordert, unabhängig davon, auf welche „Seite“ man sich politisch schlägt.

Hinter jeder dieser Schlagzeilen stehen Menschen, Familien und Hoffnungen. Und die bittere Erkenntnis, dass Frieden nur entstehen kann, wenn das Leben jedes Menschen als gleich wertvoll geachtet wird.

All diese Kriege und Auseinandersetzungen sowie die politische und gesellschaftliche Großwetterlage erinnern uns schmerzhaft daran, dass Frieden nicht vom Himmel fällt – er muss immer wieder verteidigt, bewahrt und neu geschaffen werden.

Auch Demokratie, Menschenwürde und Freiheit sind keine gegebenen Zustände. Sie leben nur, wenn wir sie täglich leben. Wenn wir Verantwortung auch wirklich tragen wollen.

In Deutschland und auf europäischer Ebene haben wir uns auf den Weg gemacht, unsere Verantwortung, unsere Sicherheit und unser Bewusstsein neu zu definieren und zu unterfüttern: finanziell, militärisch, personell und ideell. Wir haben verstanden und für alle sichtbar dokumentiert, dass wir uns als Nationalstaat und als Staatenbund gut aufstellen und wappnen müssen. Denn: Die Gefährdung unserer Gesellschaftsordnung und des sozialen Friedens ist leider real.

Abseits der tatsächlichen Schlachtfelder erleben wir zugleich, wie auch bei uns in Deutschland und Europa wieder Misstrauen wächst, wie Worte verrohen, wie sich Hass im Netz und auf der Straße verbreitet. Auch wenn Politikerinnen und Politiker wieder mit Abschottung, Misstrauen oder gar Gewalt werben, dann dürfen wir nicht gleichgültig bleiben. Denn Geschichte lehrt uns: Demokratie zerbricht nicht plötzlich. Sie erodiert leise, wenn Mut und Mitgefühl verstummen.

Meine Damen und Herren,
wir gedenken heute auch der Opfer von Terror, von Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land. Jedes Leben, das durch blinde Antipathie zerstört wird, ist ein Schlag gegen die Menschlichkeit, gegen die Werte, für die so viele gelitten haben.

Deshalb dürfen wir nicht schweigen, wenn Menschen ausgegrenzt, bedroht oder verletzt werden. Nirgendwo, in keiner Nachbarschaft, in keinem Dorf, in keiner Stadt. Hier nicht, in Heusenstamm nicht, in Rembrücken nicht.

Unsere Aufgabe ist es, die Erinnerung wachzuhalten – nicht nur in den Geschichtsbüchern, sondern in unseren Herzen. Denn Erinnerung ist mehr als Rückblick. Sie ist Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Die Generation, die die großen Kriege des 20. Jahrhunderts erlebt hat, wird immer kleiner. Auf der anderen Seite wächst die Generation, die Kriege und Unruhen heute erlebt. Dennoch dürfen wir nicht müde werden, an Menschen jeden Alters, jeder Herkunft und jeden Glaubens laut und deutlich weiterzugeben, was Krieg schlussendlich bedeutet: Leid, Verlust, Zerstörung.

Darum ist dieser Tag kein Tag der Resignation, sondern ein Tag der Verantwortung. Er fordert uns auf, füreinander einzustehen. Über Grenzen, Meinungen und Herkunft hinweg. Er erinnert uns daran, dass Frieden im Kleinen beginnt: im respektvollen Wort, im offenen Ohr, in der ausgestreckten Hand.

Möge unser Gedenken heute nicht stumm bleiben. Möge es uns anspornen, Frieden zu suchen, wo Streit herrscht, Mut zu zeigen, wo Angst wächst. Und Menschlichkeit zu leben, wo Kälte droht.

Ich danke dem VdK Ortsverband Heusenstamm für die Organisation und Ausrichtung dieses Volkstrauertags und Michael Hittel und Andrea Kniedel von unserer Musikschule und Reinhold Sattler für die musikalische Begleitung. Mein herzlicher Dank geht auch an Diakon Schäfer der katholischen Kirchengemeinde für das Gebet und an die Reservistenkameradschaft Offenbach e. V. für ihre Unterstützung.

Wir werden gleich gemeinsam den Kranz am Ehrenmal niederlegen. Ich danke Ihnen.

Ihr 
Steffen Ball

Bürgermeister

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