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Digitaler Zwilling: Dreidimensionales Abbild der Stadt
Die Höhe von Fassaden messen, Flächen ausrechnen. Katastrophen simulieren. All das ist mit dem "digitalen Zwilling" möglich. Das Programm schafft ein dreidimensionales Abbild einer Stadt. Mit Millionen von Daten lässt sich so (fast) jeder Winkel auf dem Bildschirm anzeigen. In Heusenstamm setzt die Stadtverwaltung das Programm in allen Fachbereichen ein - vom Tiefbau bis zu Ordnungsamt. "Es erleichtert die Arbeit der Verwaltung", schwärmt Bürgermeister Steffen Ball (CDU). (...)
Was der "digitale Zwilling" alles kann, zeigt die städtische Mitarbeiterin Simone Müller. Sie öffnet zunächst eine zweidimensionale Karte, die an Google Maps erinnert. Dann wählt sie einen Standort aus - in diesem Falle einen Abschnitt auf der Frankfurter Straße. Per Klick öffnet Müller ein weiteres Fenstr, eine dreidimensionale Absicht erscheint - Google Street View lässt grüßen. Zu sehen ist nun das Gebäude, in dem unter anderem die Bäckerei Schäfer Laugenbrötchen und Quarktaschen verkauft. Zwei weitere Klicks und eien grüne Linie erscheint auf dem Bildschirm. Mit ihr misst Müller die Fassade von Boden bis zur Regenrinne. Etwa acht Meter ist das Haus hoch.
Wofür muss sie die Höhe wissen? "Diese Funktionen können wir etwa bei Bauvorhaben nutzen", erläutert Rathauschef Ball. Potenzielle Bauherren würden etwa sehen, wie hoch ihr geplantes Gebäude maximal sein darf, damit es sich in die Umgebung einfügt. Der Vorteil: Statt die relevanten Daten vor Ort erheben zu müssen, ist dies nun vom Büro aus möglich. "Das spart viel Zeit und damit auch Geld", sagt Ball.
In dem Programm gespeichert sind ebenso Wasserleitungen und Kanäle, wichtige Daten für den Tiefbau. Und auch für den Katastrophenschutz lässt sich das Programm verwenden. "Wir können zum Beispiel Hochwasser simulieren", informiert Müller und klickt auf ihre linke Maustaste. Sofort färbt sich die virtuelle Frankfurter Straße blau. "Das Wasser steht etwa 25 Zentimeter hoch. Wir können nun sehen, welche Schäden entstünden", erläutert sie. Die Daten seien auch wichtig für die Starkregen-Karte, die die Stadt gerade erstellen lasse, ergänzt der Bürgermeister.
Mit dem "digitalen Zwilling" lassen sich auch Bauvorhaben simulieren, etwa ein Zebrastreifen auf der Straße markieren. Das Programm fügt ebenso auf Wunsch Verkehrszeichen hinzu. Der Vorteil: Das Vorhaben wird visualisiert, ist besser zu verstehen. Da zudem alle nötigen Daten angegeben sind, können die jeweiligen Fachbereiche sofort erkennen, ob das Vorhaben so umgesetzt werden muss oder Änderungen nötig sind - und dass, ohne selbst vor Ort zu sein. "Wir können so effektiver und schneller arbeiten", lobt Müller den "digitalen Zwilling". Neben Gegenwart und Zukunft gewährt dieser auch einen Blick in die Vergangenheit. Ein Archiv speichert die Aufnahmen von Gebäuden, Straßen und Wegen, sodass die Stadtverwaltung sie über die Jahre beobachten kann. "Wir sehen etwa, wie Bebäude altern", erläutert Bürgermeister Ball.
Möglich machen das Millionen Daten, die das Unternehmen Cyclomedia im Auftrag der Energieversorgung Offenbach (EVO) gesammelt hat. Bei Fahrten mit eine speziell ausgerüsteten Auto hat das Softwareunternehmen, ähnlich wie der US-Techriese Google, das Stadtgebiet digitalisiert und die Daten in sein Programm eingespeist. Heraus kam das virtuelle Abbild der Schlossstadt, ihr eigener "digitaler Zwilling". Alle zwei Jahre werden die Daten erneuert. "Die nächste Erhebung ist im Frühjahr geplant", informiert Ball.
Die Kosten für das Programm betragen rund 800 Euro pro Jahr, für die Installation waren als einmalige Gebühr 10.000 Euro fällig. Ball ist überzeugt, dass die Stadt langfristig deutlich mehr einspart, als sie für das Programm ausgibt. Einige Gebiete fehlen allerdings noch auf der Karte. Manche Fuß- und Radwege sind nicht erfasst, da sie zu schmal für ein Auto sind. "Dazu gehören unter anderem Stichwege in Rembrücken", informiert Müller. Die Daten sollen noch ausgenommen werden.
Künftg könnte das virtuelle Abbild auch für die Heusenstammer Bürger zugänglich gemacht werden, kann sich Bürgermeister Ball eine öffentliche Verwendung vorstellen. Kurzfristig werde es aber innerhalb der Stadtverwaltung optimiert und weiter Daten gesammelt.
(Text: Joshua Bär, Offenbach-Post, 18.01.2025, Grafik: Magistrat der Stadt Heusenstamm)
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