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Hofgut Patershausen
Die Entstehungsgeschichte des im Wald zwischen Heusenstamm und Dietzenbach gelegene Hofgut Patershausens liegt im Dunkeln. Fest steht, dass es einst ein Kloster der Benediktiner war. Im Lorscher Codex wird im Jahr 806 eine Schenkung von Irminrat von Rumpenheim erwähnt, die Besitz aus Auheim und Bellingen an das Kloster Lorsch übergab. Bellingen wird von der Lage her bei Heusenstamm vermutet und 815 zum letzten Mal im Lorscher Güterverzeichnis genannt. Es ist anzunehmen, dass es eine Wüstung wurde, d. h., das Dorf wurde von den Einwohnern verlassen. Gründe hierfür könnten die Gründung des Dorfes Renigishausen und eventuell des Dorfes Heissenstein sein.
Die Benediktiner bewirtschafteten das Kloster Patershausen: sie rodeten, machten den Boden fruchtbar, bauten die Klostergebäude und die Kirche "Beatae Et Perpetue Virginis Marie". Als Filialkirche war das Kloster Patershausen für die Dörfer Heusenstamm, Renigishausen, Obertshausen und wahrscheinlich auch Richolfshausen zuständig; die Mutterkirche war Dietzenbach. Zu dieser gehörten außer der Filiale Patershausen noch Ippingshausen, Hartingshofen und Messenhausen.
Das Kloster bestand bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, als es durch Ulrich I. von Hagen-Münzenberg aufgekauft und aufgelöst wurde. 1252 vermachte Ulrich II. es seiner Schwester Lucardis, die als erste Äbtissin nun das Zisterzienserinnen-Kloster "Corona Virginum" führte. Durch Schenkungen zu Wohlstand gelangt, beherbergte das Kloster in seiner Blütezeit um 1300 über 50 Nonnen und bezog Erträge aus etwa 50 Höfen und Gütern und über 200 Ortschaften. Die Reformation brachte 1556 die Auflösung.
1568 übergab der Erzbischof von Mainz das ehemalige Kloster an den Jesuitenorden. Um 1600 wurde Patershausen im Zuge der Gegenreformation mit Heusenstamm wieder Teil des Katholischen Gebietes. Patershausen blüte auf und wurde zum Wallfahrtsort. Nach Streitigkeiten kamen Dorf und Kloster 1605 als kirchliche Filiale zu Heusenstamm. Im 30-jährigen Krieg wurde Patershausen mehrfach geplündert und zerstört. 1631 war das ganze Gebiet von den Schweden eingenommen. 1648 kehrten einige Bewohner zurück; der Kellermeister der Jesuiten und die Patres hausten in den wenigen, notdürftig instand gesetzten Gebäuden. 1660 erholte sich das Dorf langsam und 1681 wurden die Kellerei sowie einige Gebäude wieder aufgebaut. Um 1700 herrschte dann wieder ein gewisser Wohlstand in Patershausen, da die Rodungsflächen und damit der Feldbau immer größer wurden. 1720 erfolgte der Bau einer großen Stallung auf der Ostseite der Anlage unter Verwendung der Mauerreste des ehemaligen Kreuzganges. 1724 wird Patershausen letztmalig als Jesuitenkloster im Dreieicher Wildbann Gefälle genannt, ein Jahr später lief die 1699 erfolgte nochmalige Verpfändung an das geistliche Seminar Bonifatius zu Mainz aus; damit endete auch die Bewirtschaftung durch die Jesuiten.
1741 erwarb Gräfin Maria Theresia von Schönborn vom Erzstift Mainz die Reste des ehemaligen Klosters mit Dorf, Feld und Klosterwald für 33.000 Gulden und ließ unter Verwendung der noch stehenden Mauern und Trümmer ein Hofgut (in seiner heutigen Form) mit neuem Herrenhaus aufbauen. Dabei wurde auch das Konventhaus wieder völlig hergestellt. Der vierseitig geschlossene Gebäudekomplex besteht aus barockem Herrenhaus und Scheune mit Mansarddach, außerdem Stall- und Nebengebäuden. Über dem Eingang des schlichten fünfachsigen Hauptbaues befindet sich das Allianzwappen Schönborn-Montfort. In die Außenwand des westlichen Gebäudes neben dem Rundbogen der Hofeinfahrt wurde eine Grabplatte eingelassen: eine Sandsteinplatte mit 4 Wappen und umlaufender Inschrift vom Grab der 1508 verstorbenen Elisabeth Brendel von Homburg-Kassel, "eheliche Hausfrau" des Ritters Martin von Heusenstamm. Auf der anderen Seite der Straße entstanden Wirtschaftsgebäude und Scheunen. Die wenigen Dorfbewohner bekamen Wohnungen im Hofgut, das Dorf verschwand nun endgültig.
Patershausen litt sehr unter den Besetzungen im österreichischen Erbfolgekrieg 1743, im siebenjährigen Krieg 1757 und in den französischen Kriegen von 1792 bis 1816. Inzwischen war Patershausen nach dem Ende des Kurfürstentums Mainz Teil des Fürstentums Isenburg geworden. 1816 kam Patershausen unter die Landesherrschaft Hessens. Das Hofgut wurden von den Herren von Schönborn verpachtet, der jeweilige Pächter war auch gleichzeitig Bürgermeister der selbständigen Gemeinde Patershausen. Um 1880 wurde das "Arbeiterhaus" für den Brennmeister und andere Angestellte des Pächters errichtet. Die polnischen Saisonarbeiter, die dort vom 1. März bis 31. Oktober beschäftigt waren, wohnten im Dachgeschoss des Längsbaus links des Haupttores. Auf einem Grundriss wird es als Tagelöhnerhaus bezeichnet.
1954 wurde die selbständige Gemeinde Patershausen aufgelöst und ging in der Gemarkung Heusenstamm auf. Seit 1978 ist der Hof Patershausen mit Feld und Forst in Besitz der Stadt Heusenstamm.
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